Das Schweizer Kreditforschungsunternehmen Independent Credit View (I-CV) hat kürzlich seine umfassende jährliche Länderstudie veröffentlicht, in der 48 Nationen einer detaillierten Untersuchung unterzogen wurden. Die Schwerpunkte dieser Analyse lagen auf den Themen Geldpolitik, Inflation, wirtschaftlichem Wachstum, Fiskalpolitik sowie den damit verbundenen Risiken. Die gewonnenen Erkenntnisse sind für Anleiheninvestoren von großer Bedeutung, da sie Aufschluss darüber geben, in welchen Ländern sich positive oder negative Rahmenbedingungen für zukünftige Investitionen abzeichnen.
Die aggressiven Zinserhöhungen der Zentralbanken zeigen bereits erste Auswirkungen, und die Inflation bewegt sich allmählich in Richtung der angestrebten Zielwerte. Eine befürchtete harte Rezession blieb bislang aus; stattdessen deutet sich eine sanfte Landung an. Dennoch zeigen sich erste Anzeichen eines Rückgangs bei Konsum und fiskalpolitischen Maßnahmen, die bisher als Stützen des Wachstums fungierten. Zudem führt die Erosion der Kaufkraft zu einer wachsenden Unzufriedenheit mit der Politik und begünstigt das Aufkommen populistischer Bewegungen.
René Hermann, der Hauptautor der Studie, äußert sich optimistisch über die Kapitalmärkte, die trotz steigender Zahlungsausfälle bei Unternehmen und wachsender Kreditkartenschulden eine positive Stimmung zeigen. Die Risikoprämien bleiben auf einem niedrigen Niveau, was auf eine gewisse Unbekümmertheit hinweist. Hermann warnt jedoch vor den besorgniserregenden Schuldenentwicklungen in großen Volkswirtschaften wie den USA und China sowie im Kern Europas. Eine Rückkehr zu extrem niedrigen Zinsen wird als unrealistisch eingeschätzt.
Die I-CV Länderstudie 2024 zeigt zudem eine Stabilisierung der Schuldenquoten auf hohem Niveau, wobei nur wenigen Staaten eine nachhaltige Senkung gelingt. Fünf Länder wurden herabgestuft, während fünf andere ein Upgrade erhielten. Besonders hervorzuheben ist das Beispiel der USA, die nun mit einem Rating von AA- eingestuft werden. Auch Finnland und Israel erlebten Downgrades, während Spanien und Griechenland besser bewertet wurden.
Insgesamt stehen die Anleihenmärkte vor einer Vielzahl von Herausforderungen und Chancen im Kontext von Inflationsrisiken sowie geopolitischen Unsicherheiten. Investoren sollten sich auf erhöhte Volatilität einstellen und bedenken, dass die aktuellen Risikoprämien möglicherweise nicht ausreichend sind, um die bestehenden Probleme angemessen zu reflektieren.