Die Anschlussanzierung stellt gegenwärtig und in den kommenden Jahren eine der größten Herausforderungen für die Immobilienbranche dar. In der Zeit niedriger Zinsen haben viele Immobilienunternehmen langfristige Kredite zu attraktiven Konditionen aufgenommen, die nun auslaufen und refinanziert werden müssen. Während der Boomjahre im Immobiliensektor wäre dies normalerweise unproblematisch gewesen. Doch die Rahmenbedingungen für Anschlussfinanzierungen haben sich erheblich verschlechtert.
Prof. Dr. Felix Schindler, Leiter von Research & Strategy bei HIH Invest und Professor für Finanzwirtschaft sowie Immobilienökonomie an der Steinbeis Hochschule, erläuterte in einem Online-Panel von Rueckerconsult anhand eines Beispiels die aktuelle Situation: Ein solventer Bestandshalter finanzierte 2020 eine Büroimmobilie im Wert von 100 Millionen Euro mit einer Beleihung von 65 Prozent, was einem Kredit von 65 Millionen Euro entsprach. Heute würde dieselbe Immobilie nach einer Preiskorrektur von 20 Prozent nur noch 80 Millionen Euro wert sein. Wenn die Bank zudem nur noch 55 Prozent LTV akzeptiert, erhält der Bestandshalter lediglich einen Kredit über 44 Millionen Euro. Die Differenz von 21 Millionen Euro muss durch Eigenkapital gedeckt werden, was sowohl eine begrenzte Ressource darstellt als auch die Eigenkapitalrendite weiter drückt.
Zusätzlich verschlechtern Faktoren wie mangelnde Bonität des Bestandshalters oder Mieters, technische Veralterung der Immobilie oder ungünstige Lage die Chancen auf eine erfolgreiche Anschlussfinanzierung. Im schlimmsten Fall drohen Zahlungsschwierigkeiten oder sogar Insolvenz. Auch die Zinskosten sind gestiegen; für Core-Objekte liegen sie derzeit zwischen 3,5 und 4,0 Prozent, während Non-Core-Objekte sogar Zinsen von 4,5 bis 5,0 Prozent erfordern. Oftmals reichen die Mieteinnahmen nicht mehr aus, um diese Fremdkapitalkosten zu decken.
Die Refinanzierungslücke wird besonders Büro- und Einzelhandelsimmobilien hart treffen; Schindler schätzt diese Lücke für den deutschen gewerblichen Investmentmarkt zwischen 2024 und 2028 auf etwa 20 Milliarden Euro, mit einem Höhepunkt im Jahr 2026. Um sich optimal auf die Anschlussfinanzierung vorzubereiten, ist professionelles Asset-Management unerlässlich, um die Ertragskraft und den Wert der besicherten Immobilie zu sichern. Immobilienunternehmen sollten proaktiv auf ihre Finanzierer zugehen, insbesondere wenn sich Schwierigkeiten abzeichnen.